Blätterhöhle

Vortrag von Margrit Partenheimer anlässlich eines Rnundgangs in Holthausen im Jahr 2021.

Auf den Spuren der Steinzeit

Die Blätterhöhle in Hagen-Holthausen

“Wir befinden uns hier auf einem riesigen Korallenriff, das sich ca.vor 380 Millionen Jahren vor der damaligen Meeresküste gebildet hat.

Fast alle der 150 bekannten Höhlen in Westfalen liegen im Gebiet dieses Massenkalks, das sich als breiter Streifen zwischen dem Bergischen Land und dem Norden des Sauerlandes erstreckt. So auch unsere Blätterhöhle.

Die nähere Umgebung der Höhle war als archäologischer Fundplatz bereits um 1930 bekannt. Albert Schäfer, ein Hagener Lehrer, hatte auf dem Weißenstein und den umliegenden Feldern etliche Steinartefakte und prähistorische Keramikscherben aus der Altsteinzeit, Jungsteinzeit und Eisenzeit gefunden.

1983 entdeckte der Arbeitskreis Kluterthöhle eine mit Laub verfüllte Felsspalte. Da der Weißenstein aber unter Naturschutz steht, wurde auf eine weitere Untersuchung damals verzichtet.

Erst im Zusammenhang mit einer hydrologischen Untersuchung ,die die Stadt Hagen in Auftrag gegeben hatte wegen der Erweiterung des Steinbruchs an der Donnerkuhle, wurden durch Stefan Voigt und dem Arbeitskreis Kluterthöhle die ersten Abgrabungen vorgenommen.Bald stellte sich heraus,dass es sich hier nicht nur um eine Felskluft,sondern um einen vollständig mit Sedimenten gefüllten Höhlengang von ca.60 m Länge handelte! Bei weiteren Arbeiten stießen die Höhlenforscher bald auf zahlreiche tierische und menschliche Skelettreste.

Stefan Voigt hielt kurze Zeit später in der KuDg Holthausen einen Vortrag über andere Höhlen in Holthausen (z.B die Geburtstagshöhle, die Hünenpforten Höhle, die Holthauser Bachhöhle,die Höhle Villa Ribbert u.a.) und berichtete, dass niemand bei der Stadt und dem Denkmalamt glauben wollte, dass es sich bei den gefundenen Knochenresten um steinzeitliche Funde handelte.Auch die Hagener Kriminalpolizei wurde hinzu gezogen,da die Knochen einen „frischen Eindruck“ machten.Doch die Gerichtsmediziner erkannten schnell, dass es doch ältere menschliche Überreste sein mussten. Aber keine der offiziellen Stellen war bereit,die Kosten für eine Untersuchung mit der Radiokohlenstoffmethode zu übernehmen. Im August 2004 hat der AKKH dies dann auf eigene Kosten veranlasst. Die Archäologen fanden die Reste von mindestens 7 verschiedenen Menschen aus verschiedenen Zeiten . Das war eine Sensation!

Name der Höhle:

Den Namen Blätterhöhle verdankt diese Höhle vor allem den Dachsen, die ihre Höhle immer sauber halten, und darum alle Blätter, leider auch die Knochenreste , in die Nähe des Ausgangs verbrachten.

Nutzung der Höhle:

Einen kleinen Seitenteil des Höhlenganges haben die Dachse aber vergessen.Und darin fand man ein Stück Schädeldach von einem ca. 35 jährigen Mann auf einem großen Stein, davor lehnte ein Wildschweinschädel.

Ganz nahe dabei fand man noch 2 weitere Eberschädel, Prachtexemplare alle drei. Wie diese Wildschweinschädel jedoch bearbeitet waren, es fehlten die „Hauer“ genannten Eckzähne z.B., und die Unterkiefer, auch die Anordnung der Schädel, das waren Hinweise darauf: Hier wurde ein Mensch bestattet!

„Diese Bestattung ist nicht nur für die Frühsteinzeit, sondern für die ganze Mittelsteinzeit in Europa ein einzigartiger archäologischer Befund“, sagte Jörg Orschied, einer der Archäologen,die hier tätig waren.

In der weiteren Erforschung fand man auch andere eindeutige Belege für Bestattungen in der Höhle. Diese fanden sowohl in der Mittelsteinzeit als auch noch später in der Jungsteinzeit statt.

Lage der Höhle:

Die Bewohner haben die Lage ihrer Höhle mit Sorgfalt gewählt, sind sich die Experten sicher. Sie lag in der Nähe der Lenne, somit hatte man Wasser, aber auch Fisch als Nahrung. Der Eingang war nach Süden ausgerichtet und außerdem saß man dort relativ geschützt bei Wind und Wetter. Der Eingang war damals viel breiter und komfortabler als heute. Es handelte sich offenbar um eine große Portalhöhle. Genau wie bei der Hünenpforte gegenüber. Dort steht nur noch das Portal und die Höhle ist nicht mehr existent.Bei der Blätterhöhle haben ein Felsabsturz und Sedimente das Portal gänzlich verschlossen. Nur eine ca. 40x 40 cm breite Spalte wurde übrig gelassen. Das hatte aber auch das positive Resultat, dass diese Höhle noch völlig unberührt und ohne frühere Grabungsspuren vorgefunden wurde.

Der Eingang ist natürlich gesichert!Sogar mit Alarm! Aber man kann es auch niemand empfehlen, einfach in die Höhle einzudringen!

Es führt ein ca. 8 m langer,enger, senkrechter Tunnel hinab in die absolute Dunkelheit! Hier kann nur jemand ohne Platzangst und mit heller Kopflampe arbeiten.

Das kann man übrigens sehr schön auf den Videos bei Youtube:

„Die Blätterhöhle in Holthausen“ verfolgen.

Bedeutung der Funde:

Wegen ihrer steinzeitlichen einmaligen Relikte zählt die Blätterhöhle zu den wichtigsten archäologischen Fundorten Deutschlands.Aber auch international sind die Funde von großer Bedeutung für die Erforschung der Steinzeit.

Eine Sensation stellte die 2012 gemachte Entdeckung dar, dass Jäger und Ackerbauern hier ca. 2000 Jahre nebeneinander gelebt haben! (Man glaubte bis dahin, dass die Ackerbauernzeit die Jäger- und Sammlerzeit relativ zügig abgelöst habe.)

Es fanden wohl auch „Hochzeiten“ zwischen Jägerfrauen und Bauern statt. Umgekehrt nicht, also zwischen Bauernfrauen und Jägern. Bauernfrauen empfanden die Einheirat in die Wildbeutergruppen als sozialen Abstieg, wohl auch weil die Geburtenrate bei Bauern größer war. Es fanden sich jedenfalls keine genetischen Linien der Bauernfrauen bei den Jäger-Sammlern, nur umgekehrt. Deren Lebensstil ist aber ca. 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung dann ausgestorben.

2006 unternahm Herr Dr. Jörg Orschied eine entscheidende Untersuchung des Höhlenvorplatzes vor. Durch einen Schnitt entdeckte er Reste einer Feuerstelle! So brachte er das Ausgrabungsprojekt vor der Blätterhöhle in Gang.

Viele Studenten helfen bei der akribischen Abtragung der Sedimente Jahr für Jahr.

Eine 4,6 mm große Sandsteinperle aus der Mittelsteinzeit, mit 5 Bohrungslöchern wurde u.a. dort gefunden.Es dürfte das älteste Schmuckstück der Region sein.

Der interessanteste Fund des Jahres 2015 waren Pfeilschaftglätter aus rauem Sandstein. Steinartefakte und Knochen von Mensch und Tier gibt es ebenfalls reichlich.

Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat auch in der Blätterhöhle Spuren hinterlassen. Durch Spalten im Felsen ist viel Wasser in das Innere gedrungen ,so dass Sedimentsprofile verstürzt sind.

Alle Funde werden übrigens im Historischen Museum der Stadt Hagen im Wasserschloss Werdringen ausgestellt.

Im Sommer 2021 bekam die Blätterhöhle mal wieder hohen Besuch: Das Westdeutsche Fernsehen nahm eine Show für die Sendung:“Frag doch mal die Maus“ auf. Eine 12 jährige Schülerin hielt sich einen ganzen Tag lang mit der Aufnahme-Crew in der Höhle auf.

Aber auch das BBC hat schon 2014 in der Höhle gedreht.

Wir dürfen gespannt sein,welche Überraschungen die Höhle noch für uns heute bereit hält.

Wichtig ist, dass die Finanzierung der Grabungen weiterhin geregelt wird!…”

Anstehende Veranstaltungen