Die Familie Ostheide und das Dorf

Eine kleine Familienchronik, aufgeschrieben von Herrn Günter Ostheide

Dass sich die Familie Ostheide nicht nur für den Hof und die Familie einsetzte, wusste ich wohl. Doch ich war nicht wenig  erstaunt, als in einer der wenigen überlieferten alten Schriften schon Jaspar Ostheide vom Ostheiden-Hof in Tiefendorf  1695 als Dorfältester genannt wird, und das mit 30 Jahren. Er wurde 1695 geboren! Auch 1697 und 1698 wird er in einem  Beleg als Dorfältester erwähnt.

Sicher haben sich die Ostheides in den folgenden Generationen auch für die Mitbürger interessiert und eingesetzt, aber es  fehlen die Unterlagen. Erst ab Friedrich Wilhelm O., 1822 – 1892, liegen wieder Belege vor. So z.B. ein Schreiben des  Amtes Hagen-Boele vom 18.10.1881: An den Vorsitzenden des Wahlvorstandes, Wilhelm Ostheide, anlässlich der  Reichstagswahl. Es belegt den Einsatz für die Gemeinde Holthausen-Haßley. Im Jahre 1901 musste mein Vater mit 14 Jahren bei einer Kindesbestattung mittragen. Holthausen gehörte damals noch  zum Kirchspiel der Johanniskirche und Kinder mussten getragen werden. Da sagte mein Großvater Hermann, 1854-1840, 
zu den Gemeinderäten: „Das war das letzte Mal, jetzt bekommen wir einen eigenen Friedhof!“ Hermann Ostheide überließ  dem Dorf einen Flecken vor den„Drei Buchen“, ein Naturschutzgebiet, das wir Igeldorn nannten, weil dort das Kalksteingebirge an einigen Stellen ans Tageslicht kam. Schon 1902 erfolgte die erste Bestattung auf unserem Friedhof.

Als ich, Günter Ostheide, geb. 1920, im Jahre 1946 aus der Gefangenschaft kam und zwischen der Hünenpforte und dem  Weißenstein, auch ein Naturschutzgebiet, auf das Dorf zuging, reinigte der alte Gemeinde-Diener Heinrich Schilling, allgemein der „Dicke Schilling“ genannt, den Straßengraben. Er war ein Mann für alle Fälle: Gemeinde-Bote, Friedhofswärter, Schul-Hausmeister, somit eine Respektsperson! Ich blieb bei ihm stehen. Er sah auf, warf die Schaufel zur Seite mit den Worten: „Günter, du, ich bringe dich nach Hause. Deinen Rucksack trage ich!“ Nun, ganz so schwach war ich nicht. Wir haben dann den alten Rucksack gemeinsam getragen! Unterwegs erzählte er mir zu vielen Erlebnissen, auch vom Friedhofs-Tagebuch, welches er von 1901 an geführt hatte. „Das Büchlein bringe ich dir, dann weißt du gleich, wer von den Holthauser- und Haßleyer Familien nicht mehr da ist.“Diese Episode zeigt sehr eindrucksvoll die Verbundenheit der Bürger untereinander.

Aufgrund der Friedhofs-Schenkung bekam mein Vater Julius, 1887-1962, als letzter Gemeindevorsteher in Holthausen, von 1919 bis zur Eingemeindung nach Hagen im Jahre 1929, vom Nachbarn Friedrich Schmalenbeck, 1852-1928, nach langem guten Zureden den Denkmal-Platz für das Dorf geschenkt. Der alte Schmalenbeck, den ich noch kannte, wurde daraufhin Ehrenbürger von Holthausen! Nach der Einweihung (des Denkmals) stand in der Zeitung: Eins der schönsten Denkmale ringsum! :Ein waidwunder Löwe liegt, den Speer in der Flanke, auf einem Bruchstein-Sockel.

Julius Ostheide sorgte zu der Zeit auch schon für den Kanalbau bis mitten ins Dorf. Am weiteren Ausbau waren die Gemeinderäte damals nicht interessiert! Aber nach dem Bau der Dorfkirche 1954 konnten das Gemeindehaus mit Kindergarten und das Pastorat gleich angeschlossen werden.

Auch 4 Doppelhäuser, 2 an der Holthauser Straße und 2 an der Weißensteinstraße, wurden erstellt. Dazu kam noch ein Doppelhaus an der Weißensteinstraße, welches vom Kreis Hagen-Boele finanziert wurde, das so genannte Kreishaus. Das war zur Zeit der großen Arbeitslosigkeit auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der Gemeinde!

Für die Holthauser Höfe und Kotten war die Verkoppelung oder Umlegung der kleineren Flurstücke zu größeren, wirtschaftlichen Flächen mit besserer Wegeanbindung von großem Vorteil. Diese Umlegungsaktion dauerte bis in das Jahr 1936. Eine Besonderheit hierbei: Die Ausweisung eines Platzes hinter dem Friedhof als Schießplatz für den Holthauser Schützenverein. Der Schützenverein hatte zwar nichts in den Topf eingebracht, erhielt aber nach unserem Vorbild durch Umlage von den Bauern einen Schießstand zugewiesen!

An besonderen Vorkommnissen gäbe es noch mancherlei zu berichten, doch hier nur drei Episoden:
Hochzeiter waren manchmal so eilig, dass sie meinen Vater vom Felde holten, denn der Gemeindevorsteher war seit 1871 
sogleich preußischer Standesbeamter, d.h., er hatte neben dem Tauf- und Sterberegister auch Trauungen vorzunehmen im 
Standesamt, einem besonderen Raum im Haupthaus des Hofes.
Einmal zog bei einem Streit ein Streithahn eine Pistole! Ein dritter konnte ihm diese aus der Hand schlagen und brachte sie 
meinem Vater. Als der Dritte die Waffe auf den Schreibtisch legte, löste sich der Schuss! Zum Glück wurde keiner ver-
letzt!
Als 1919 die Waffen abgegeben werden mussten, standen diese abholbereit im „Standesamt“, dem besonderen Raum im 
Hause. Da erschienen eines Nachts Hohenlimburger Kommunisten und verlangten die Gewehre! „Wir kriegen die Tür auf, 
wir haben eine Handgranate!“ Mein Vater gab die Schusswaffen heraus und bekam auch eine Quittung. Die Männer zogen 
dann ab und zerschlugen die Gewehre auf der Lennebrücke! Einige Tage später brachten die Holthauser Kommunisten die 
gleiche Anzahl Karabiner, damit mein Vater keine Schwierigkeiten bekomme!

1929 wurde dann das Amt Hagen-Boele zur Stadt Hagen eingemeindet. Die Zeit der Selbständigkeit der Gemeinde 
Holthausen- Haßley war vorbei. Vorbei auch jahrhundertelanger ehrenamtlicher Dienst für das Gemeinwohl? Die Parteien 
übernahmen das Regiment.

Wenige Jahre nachdem ich, Günter Ostheide, die Verwaltung des Familiensitzes übernommen hatte, gründete der Holthau-
ser Turnverein im Jahre 1977 eine Tennis-Abteilung. Nun suchte man einen eigenen Platz! Da kam man natürlich auch zu 
uns. Unsere Versuche, die Abgesandten auf ein anderes Grundstück im Dorf umzustimmen, hatten keinen Erfolg: „Wir 
wollen die Plätze von euch!“ Die Sportler vom TuS Holthausen hatten ja immer ihre Handballspiele auf unserer Weide 
ausgetragen. Wir hatten uns bald geeinigt: Die Tennis-Spieler erhielten eine Fläche für 7 Felder gleich neben dem Gemein-
de-Sportplatz! Und dazu auch bald die Erlaubnis, Wasser- und Abwasseranschlüsse durch unser Flurstück zu verlegen.

Der Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Stelle auch den Bruder meines Vaters, Hugo Ostheide, erwähnen, der auch 
in der Gemeindeverwaltung tätig war. Hugo Ostheide bekam seine Ausbildung als Supernumerar (Beamtenanwärter) bei 
der Bezirksregierung in Arnsberg und wurde gleich darauf in der Gemeinde Peckhaus-Hubelrath bei Mettmann zum Bür-
germeister gewählt. Das Rheinland war aber noch von den Franzosen besetzt und kein Auswärtiger durfte ein Amt über-
nehmen! Ein Glück, dass Hugo in Holthausen geboren wurde. Holthausen gibt es auch bei Düsseldorf! 1945 kamen Vertre-
ter aller Parteien auf unseren Hof und holten Hugo wieder. So war er der einzige Bürgermeister im Reg. Bez. Düsseldorf, 
der über alle politischen Wirren hinweg von 1923- 1956 im Amt war!

Anstehende Veranstaltungen