Neufunde von der Raffenburg

Vorbemerkung

Für die Hohenlimburger hat die Raffenburg eigentlich immer im Mittelpunkt des Interesses gestanden. Das betraf die volkstümliche Sage vom Raubritter Humpert1) ebenso wie die geschichtliche Erforschung der mittelalterlichen Anlage2). Mit der Entdeckung der Rücklenburg im Jahre 1982 und der Identifizierung der Belagerungskastelle von Limburg und Raffenburg3) war ein weiterer Schritt zur Klärung des historischen Kontextes getan. Betrachtete man die bisher aus dem Burgareal ergrabenen Funde, die zum größten Teil im„Museum Hohenlimburg“ liegen – nur eine Kiste mit Irdenware vor allem, die der Westfälischen Altertumskommission, gehört, befindet sich im Magazin des Museums für Archäologie in Münster-, so schien mit den Grabungen von 1907-09,1932,1934 und 1935 die Anlage wenigstens in ihrem Hauptteil ausgegraben und erforscht zu sein. Bei Geländesondierungen mit den Herren Klötzer und Blank entdeckte der Leiter des Hohenlimburger Museums jedoch in den Jahren um 1980 bereits, daß der Süd- und Westbereich der Burg mit dem Grabensystem und den Werkstätten und diversen Nutzbauten völlig unerforscht war. Aus Gründen des Denkmalschutzes wurde hinsichtlich der Neuentdeckungen von Podien etc. naturgemäß nichts unternommen. Allerdings muß jeder bisher bekanne Plan der Raffenburg – auch der auf dem Denkmalsschild am Berg, als unvollständig bzw.falsch gelten.

Der Museumsleiter beschäftigte sich dagegen mit einer neuen Rekonstruktion der Anlage, nachdem zahlreiche alte Versuche wie die von Paul Hentschke (1937) oder der im Hagener Heimatbuch von 1981 (Bagel-Verlag Düsseldorf, S. 16) nicht akzeptabel waren. Im Jahre 1983 schuf H. Wißmann, Berchum, nach Instruktion durch die Museumsleitung zwei akzeptable Lösungen4), die wir in diesem Heft abbilden und die u. a. als Vorlage für das neue plastische Raffenburgmodell dienten, daß Herr Winfried Blank, Westhofen, im Mai 1984 für das Museum Hohenlimburg erstellte.

Neue Entdeckungen des Jahres 1983

Die Rekonstruktionsvorbereitungen verlangten mehrere Vermessungen im West- und Nordwestbereich der Burg, vor allem an jener etwa U-förmigen Mauerung, die wir als Mauerturm deuten. Nachdem die Verfasser dieser Zeilen schon in der zweiten Oktoberhälfte 1983 eine größere Anzahl der grauen, riffelig-rauhen Siegburger Frühsteinzeugware und etliche Wandscherben der sandigen Kugeltöpfe des 13. Jahrhunderts so hatten auflesen können, weil sie

1) Moritz, Graf zu Bentheim Tecklenburg, verfaßte 1843 ein Gedicht darüber, das H. Esser 1907 in seinem Buche „Hohenlimburg und Elsey“ (S. 577 – 579) abdruckte. – Die historische Deutung der Sage gelang im Jahre 1983 Wilhelm Bleicher. Man vergleiche den Aufsatz: Die Rücklenburg in H. 5/6 dieser Zeitschrift (1983, S. 96-102; bes. 100 f.)
2) Vgl. dazu vor allem W. Bleicher „Raffenberg – Piepenbrink“ {Musemsführer H. 1, Hohenlimburg 1979, mit der auf S. 15 genannten weiteren Literatur und die Werke „Hohenlimburg und Elsey“ (bes. S. 106 – 111) und W. Bleicher: 750 Jahre Hohenlimburg, Hohenlimburg 1979, S. 19 – 22.
3) Vgl. Wilhelm Bleicher: Eine Burg auf dem Elseyer „Klippchen“?, in: Hohenlimburger Heimatblätter für den Raum Hagen und Iserlohn, 45. Jg., 1984, H. 1, S. 5 – 14, bes. S. 12. f
4) Lediglich das Torhaus ist um 1 Etage zu hoch geraten.

vom Regen frei gewaschen am Bergfried oder im Burghof herumlagen, gab Museumsleiter Bleicher den Herren Hartmut Weber und Kai Arzinger den Auftrag, das Gelände des öfteren zu kontrollieren und immer einmal wieder abzusuchen. Das geschah auch in den Folgewochen. Dabei entdeckten die letzteren noch eine Fundstelle am stark verfallenden Mauerturm (Nr. 25 der Aufstellung). Neben Scherben fanden sich im Bereich des Mauerturmes und des westlichen Palasgebäudes vor allem Tierknochen, Staklehm und Holzkohle. Aufgrund dieser Funde, über deren Bedeutung am 10.11.1983 diskutiert wurde, waren sich die Verfasser mehr und mehr klar, daß eigentlich auch im übrigen Außenrandbereich der Gebäudemauern wie im Gesamtbereich der alten Grabungen noch Funde zu erwarten sein müßten. Man hatte offenbar in den 30er Jahren zunächst das Grobziel verfolgt, die Umrisse der Anlage zu ermitteln und die Fundamentlöcher der Gebäude auszuräumen. Nach Einzelfunden hatte man nicht gesucht. Über die Tatsache, daß eine relativ große Menge von Scherben, Knochen, Staklehm und Holzkohle in wenigen Wochen bloß aufgelesen bzw. mit einem dreizinkigen Häcker abgekratzt zu werden brauchte, mußte Still¬schweigen bewahrt werden, um keine unbefugten Sammler anzulocken. Denn nichts lag näher, als daß die obersten Erdschichten im Grabungsgelände von J. Spiegel und J. Bönner auch noch Metallfunde enthielten.

Nachlese im alten Grabungsgebiet

Im November stellten die Verfasser und auch Herr Horst Klötzer, der die Meldung an die Außenstelle des Amtes für Bodendenkmalpflege in Olpe übernahm, fest, daß Unbefugte im Raffenburgbereich größere Kuhllöcher ausgehoben hatten. Es stand zu vermuten, daß sie mit Metallsuchgeräten arbeiteten. Da zudem solche Geräte in Hohenlimburg käuflich waren, veranlaßte der Leiter des Museums einen Artikel in der Lokalpresse, in dem er deutlich auf die einschlägigen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes von 1980 hinwies5). Das Problem, ob Raubgräber dem Museum und damit der Allgemeinheit wichtige Funde wegnahm, blieb bestehen,daher entschlossen sich die Verfasser, durch Einsatz einer Sonde den bisher lediglich vermuteten Fundreichtum im alten Grabungsgelände der 30er Jahre zu prüfen.

Der Verdacht auf Metallfunde, die einerseits vorm völligen Verrosten, andererseits vor dem Zugriff der Raubgräber zu schützen waren, bestätige sich. Wir zitieren hier aus dem Fundbericht von K. Arzinger und H. Weber, die die Funde in der ersten Dezemberhälfte nach entsprechender Restaurierung dem Museum Hohenlimburg übergaben: „Zuerst suchten die Beteiligten den Burghof ab (Bereich 7). Wie zu erwarten traten hier in kaum 10 cm Tiefe Scherben, Knochen und Metallgegenstände zutage, vor allem handgeschmiedete Nägel. Das war auch am Plateau vor dem Torhaus der Fall. Beim genaueren Ab¬suchen des Hanges unterhalb des Denkmals stießen die Verfasser auf eine große Konzentration von schwerer eisenhaltiger Schlacke, die kiloweise aufgehoben werden konnte. Ferner gab es an dieser Stelle eine große Menge von Holzkohle und Staklehm (siehe Fundkarte) in Verbindung mit zusammengeschmolzenen Metallgegenständen. Der Verdacht einer Abraumhalde liegt nahe.
Als Kai Arzinger dann am 12. November durch puren Zufall vor dem Gebäude VI oberflächlich an einer Baumwurzel liegend einige handgeschmiedete Nägel fand, wurde das Gelände zwischen dem Gebäude VI und der Zisterne ebenfalls abgesucht. Neben 8 Nägeln, einer

5) Vgl. der durch den Museumsleiter veranlaßten Zeitungsartikel der WR Hohenlimburg, Nr. 269, v, Mo. 21.11.1983.
konischen Tülle, einem Messer, zwei Armbrustbolzenresten ohne Tülle und einem ca. 3 mm starken Stück Eisendraht trat eine große Anzahl von Scherben, Holzkohle und Staklehm ans Licht. Die Funde lagen alle in einer Tiefe von 10-20 cm in einer Brandschicht, das war an der grauschwarzen Erdfarbe wie an den verbrannten Knochen erkennbar. Weitere Funde zeigten sich zum Erstaunen der beiden Suchenden in der Südwestecke des Gebäudes V an der Kellertreppe (ca. 2,5 m breiter Bezirk). Herausragende Objekte an der Südmauer des Gebäudes sind: ein Stück gerollten Bleiblechs, ein schöner vollständig er¬haltener längerer Armbrustbolzen (Zeichnung und Fundskizze sowie Nr. 19), das Ortband einer Schwertscheide (Zeichnung und Nr. 21), eine herrliche eiserne Gürtelschnalle (Zeich¬nung und Nr. 20) sowie eine Vielzahl von Nägeln, dazu die typischen Siegburger Scherben und sandigen Kugeltopfrelikte des 13. Jahrhunderts und Staklehm (direkt an der Kellertreppe) wie Nahrungsüberreste (Knochen). Die Fundkarte zeigt auch im Westbereich der Anlage einen Nagelrest und ein Hufeisenfragment.“ Wenn man die Aufstellung über alle Funde am Ende dieser Arbeit sieht, drängt sich einem der Eindruck auf, als sei an der Raffenburg für fol¬gende Generationen noch viel zu tun.

Aufruf zur Restaurierung

Rekonstruktionszeichnung der Raffenburg durch H. Wissmann Berchum, 1983, nach An¬gaben des Museums Hohenlimburg.
Diese Generation hat nicht die Aufgabe, weitere Funde zu suchen oder zu graben. Die Hauptaufgabe, die ihr zufällt, ist die der Sicherung jener Mauerreste, die nach den Grabun¬gen der 30er Jahre leider nicht gesichert wurden. Darum kann man heute leider sagen, daß in den 30er Jahren mehr Mauerwerk der Zerstörung ausgeliefert wurde, als das ohne Grabung geschehen wäre. Vergleicht man alte Fotos aus der Grabungszeit mit dem heutigen Zustand, z. B. im Bereich der Zisterne, des Toreinganges und der Südmauer, so kann man die durch die Verwitterung, durch Natur und Menschenhand in 50 Jahren bewirkte Zerstö¬rung als katastrophal bezeichnen. Am schlimmsten ist jedoch die Lage am Nordwestturm,

FUNDLISTE

1. Westteil der Mauer
Rechte Hufeisenhälfte mit 3 langovalen Löchern, 10,3 cm I. Bruchstück eines vierkantig geschmiedeten eisernen Nagels von 7 mm Breite und 3,5 cm Restlänge sowie sandige Kugeltopfware schmirgelige Siegburger Krugware und ein schönes 2,8 cm großes Sta-klehmbröckchen mit Holzabdrücken.

2. Südwand Palas VI
Endstück einer konisch verlaufenden Eisentülle von 7 cm Länge, 1,5 cm Öffnungsdurchmesser und Gabelung (evtl. Mauerversprei-zung) am Ende (Kienspanhalterung?)

3. Toreingang
Ca. 6,5 cm I. Vierkantnagel

4. Hofseite am Nordwestturm
Henkelrest, Henkelansatz, Wellenfußreste (2), 21 Wandscherbenreste diverser (mindestens dreier) früher Siegburger Krüge, 12 diverse Wandscherbenreste sandiger Kugeltopfware, 1 kleines Scherbchen der blaugrauen Paffrath-Katterbacher Ware gespaltenes Stück Schmiedeeisen, 5,5 cm I., 2 Eisenkrampen, 1 gerolltes Stück Bleiblech von 2,5 cm Länge, 25 div. Nägel {vgl. Zeich¬nung) und 2 Nagelreste, 3 div. Eisenband- und 4 Eisenblechreste

5. Südmauer des Palas Nr. VI
Holzkohle, auch in Stöckchenart (vom Fachwerk), zwei rautenförmige eiserne Armbrustbolzenspitzen von 3,9 cm und 4,3 cm Länge (vgl. Zeichnung);
1 runder Eisendraht von 14,6 cm Länge und 3 mm Durchmesser; 25 eiserne Nägel, 4 Eisenblechreste, 1 spitzflach zulaufendes Schmiedeeisenstück von 4,7 cm Länge, 8 mm Breite und 6 mm Dicke, ein 2 cm großes Kopfende vom Rechtecknagel, 3 spitz zulau¬fende rechteckige ca. 6 cm lange Schmiedeeisenstücke (Nägel ohne Kopfende, 5 div. Eisenreste sowie leichte und schwere braune Eisenschlacke 1 braun glasiertes Kragrandstück eines Siegburger Kruges des 13, Jh. und 3 kleinste Scherbchen derselben schmirgelig-rauhen Ware

6. Aufgang zum Tor
Eine Schnalle aus Eisen (vgl. Zeichnung) ohne Dorn von 5,2 cm Breite

7.Fläche zwischen den Bauten IV und IM
Splitter von Röhrenknochen von Schwein und Rind, Schweinezähne und graue Wandscherbchen des schmirgelig-rauhen Siegburger Frühsteinzeuges; 4 Nagelreste, 1 Ziernagel, 1 Türbeschlag, 8 Vierkantnägel von 5 – 7,6 cm Länge, 1 massive Vierkantspitze von 5,5 cm Länge und 1,2 x 1,3 cm Basis, 2 schwere spratzige braune Schlackenbrockchen, 1 Blechrest, 3 hakenförmige EisenresteX-AntiVirus: checked by AntiVir MailGuard (Version: 8.0.0.18; AVE: 8.1.0.30; VDF: 7.0.3.180)

8. Toreingang
9,8 cm langer linksseitiger Rest eines eisernen Pferdehufeisens mit zwei runden Löchern (vgl. Zeichnung)

9. Handwerkerhaus Nr. 8 vor der Burg
Etwa 10 cm langes verbogenes ca. 1 mm dickes Eisenstück im Dreieckform, das an einen Spatel oder Ledermesser erinnert.

10. Vor der Südwand des Palasgebäudes Nr. VI
9,3 cm lange; 2,5 cm hohe und am Rücken 4 – 5 mm breite alte Messerklinge (vgl. Zeichnung) sowie zwei Wellenfußreste von ehemals braun engobiertem, schmirgelig-rauhem Siegburger Frühsteinzeug, 1 winziges graues Wandscherbchen und 3 dunkle kleine Scher¬ben grausandiger mittelalterlicher Kugeltopfware des 13. Jh.

11. Vor der Südwand des Palas Nr. VI
Eine 4,2 cm lange Armbrustbolzenspitze

Quelle: HOHENLIMBURGER HEIMATBLÄTTER für den Raum Hagen und Iserlohn, Monatsschrift des Vereins für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V., Ausgabe Nr.7 / 84 Der Herausgeber Hohenlimburger Heimatblätter e.V. (www.hohenlimburger-heimatblaetter.de) hat uns freundlicherweise genehmigt, diese Aufsätze auf unserer Internetseite zu veröffentlichen.

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